Credo

Thematisch geht es mir um das Verfangensein in bedrohlich gewordenen Flechtwerken. Wo ich auf wuchernde Urbanisierung verweise, mich mit dem Abgrund politischer Irrwege auseinandersetze oder ein Verlorensein in virtueller oder digitaler Unmündigkeit fokussiere, möchte ich philosophisch reich und allegorisch bunt visualisieren.

Um Erlösertum fassbar zu machen, trat das goldene Kalb in Erscheinung. Wo solche Materialisierung Glauben erleichtern sollte, verselbständigte sich das Symbol. Blindlings verfängt sich der Mensch im Tanz um Stellvertreterschaft, die er zur eigentlichen Wahrheit kürt. Schliesslich und in vermeintlicher Modernität wird nur noch das eigene Selbst für die Heilsquelle gehalten. Doch lässt sich das Ringen um Identität über die Absolutsetzung des Ichs bewerkstelligen? Mündet der Wunsch nach selbstbezogener Vervollkommnung nicht in Vereinzelung unter endlosen Selbstentwürfen? Wenn Reflexionsarbeit zur Erkenntnis von Sinnlosigkeit führt, mag die Versuchung gross sein, Reichtum als lebensbestimmende Maxime zu verherrlichen. Dass sich handkehrum über Mangelhaftigkeiten Lebenswertes entdecken liesse, böte unschuldigere Genugtuung durch so etwas wie inwendigen Gewinn. (jstb)

Im zeitlosen Schauen eines Unbekannten mag die gescheiterte Suche nach gerechten Lebensverhältnissen liegen. Farbiges Debattieren wird durch Versenkung und Räsonnement abgelöst. Einsiedlerisch scheinen Analyse, Revidieren und Weiterdenken infrage gestellt. Ein Solitär erfährt Breitenwirkung. Eremitisches weiss um das Gebot anthropologischer Entzauberung. Stoisch blickt es dem Aufsprengen humanistischer Horizonte entgegen. Im Gesichtskreis mögen beispiellose Wellen der Enthemmung liegen, bedingt durch eine gescheiterte Entwilderung des Menschen. Sind Ideen überhaupt noch Herr über gesellschaftliche Widersprüche? Das Hoffen auf Wesensbestimmung entlarvt sich als kindlicher Optimismus? Der Mensch, nichts als gespaltenes und unberechenbares Naturwesen? (jstb)