Christian Lippuner

Nahe am Ungemach

Was mich im Kunstalltag beschäftigt? Konsequent Interaktionen des «Dazwischen» zwischen Mensch, Raum und Zeit aufzuspüren und kontroverse Themen zur Debatte zu stellen. So lässt sich konkret mit der Magie verwobener Lineaturen spielen, bis hin zum Aufdecken fragwürdig verfilzter Strukturen. Körper in Abstraktionsgrade zu tauchen, sie zum Objekt der Beobachtung gesellschaftlicher Diskrepanzen werden zu lassen, um schliesslich Besinnung und Besonnenheit hervorzurufen. Gelänge es, auf reizvoll irritierende Weise vom Ungemach zu sprechen, meine Aufgabe wäre erfüllt. Ungemach – Verführung im Schoss der Familie, die Katastrophen des Vergessens, die Ängste vor dem Abgrund, das Pulverfass standardisierter Lebensstile. Politische Verdrossenheit, Illusion als Mittel zum Verdrängen, Desillusion als Prinzip der Aufklärung, Nietzsches Einmaleins bezüglich des Umgangs mit dem Wahren, all das treibt mich um. – Die grundlegende Unzufriedenheit der Menschen sei Ausgangspunkt für Wahrheitsfindung und Schaffenskraft. Ist das so?

Überlegungen zu «Der blaue Fleck»

Ein schwebender Sprenkel, der das Blau der Seen und Meere in sich vereint, wird zum gleitenden Funken lebensspendender Prinzipien. Positiv gedeutet symbolisiert er geistige Potenz, Vertiefung und gelebte Poesie. Wie Blüten von blauem Ehrenpreis verweist er auf das Versprechen der Treue, mit der Symbolkraft der blauen Blume eröffnet er die Suche nach persönlichem Glück.

Spräche man hingegen von einem Weltraum-Hämatom, man entfernte sich meilenweit von romantischen Idealen. Inmitten einer Biosphärenblase wären wir Zeuge eines Blutaustritts, eines Ergusses aus verletzten Gewebegefässen. Ein Blau-Effekt, der für die selbstzerstörerische Attitude der Menschheit stehen dürfte, für das Opfern der Unversehrtheit unserer irdischen Lebensbedingungen. (jstb)

Überlegungen zu «Fragment Utopia» und «Nietzsche-Sentenz»

Die plakative Ausformung des philosophischen Dialogs «­­Utopia» von Thomas More und einer spezifischen Nietzsche-Sentenz, nämlich «Wahrheit gibt es nur zu zweien», soll Grundlage für Räume verantwortlichen Denkens und Tuns bieten. Über nachhaltige Zwiegespräche treten wir in soziale Vielstimmigkeit ein. Wo Nietzsche ausführt, dass einer sich nicht beweisen, man hingegen zwei Personen bereits nicht widerlegen könne, propagiert er Pluralität, stellt aber auch Humanpotential in Frage. Der englische Humanist hingegen ist auf seine Weise Vorläufer für eine ideale Gemeinschaft. Eine bessere Welt erschaffen über politische Philosophie, eine optimale Staatsverfassung auf den Plan rufen, gepaart mit Toleranz und Menschlichkeit, bleibt das nur ewiges Wunschbild? Das Bilderduo will zum konstruktiven Streitgespräch über essentielle Werte aufrufen. (jstb)